Im März fand das Abschlussseminar des Lehrgangs zur psychosozialen Beratung (Lebens- und Sozialberatung) statt.
Mit Erfolg und großem Stolz konnten 4 der 20 Teilnehmenden und künftigen Berater und Beraterinnen ihr DIPLOM entgegennehmen. Wir gratulieren an dieser Stelle nochmals herzlich zu diesem erfolgreichen Abschluss!
In den nächsten Monaten folgen weitere Abschlüsse und Diplomverleihungen. Davor wollen noch die einen oder anderen Dinge zu einem guten Ende gebracht werden. Doch gelingt das immer? Gelingt das allen? Es gilt ggf. Beratungszyklen abzuschließen, Klienten zu verabschieden, eine Abschlussarbeit fertig zu schreiben, eine Abschlusspräsentation durchzuführen, ein Kolloquium zu bestreiten, sich von der Lehrgangs- und Supervisionsgruppe zu verabschieden…. Abschlüsse und Abschiede am laufenden Band.
Entscheidend für einen guten oder weniger guten Abschluss sind dabei auch die bereits früher gemachten Erfahrungen mit Abschlüssen und Abschiedserlebnissen.
- Auf welche Abschlüsse kann ich zurückblicken?
- In welchem Umfeld / Rahmen fanden diese statt?
- Welche Abschiedsbilder und Szenarien fallen mir auf Anhieb ein?
Für unseren Lehrgangsabschluss haben wir, Daniel Gajdusek-Schuster und ich, Renate Schneidhofer als Lehrgangs- und Seminarleitung, es uns als Ziel gesetzt, einen Rahmen zu bieten, um den Teilnehmer_innen der Lehrgangsgruppe Raum zu geben sich auf stimmige Art und Weise voneinander zu verabschieden. Das was wir, vor mehr als einem Jahr, mit Engagement aller Beteiligter zu einer lernbereiten bildungsinteressierten Ausbildungsgruppe zusammengeführt und verbunden haben, galt es nun wieder zu beenden.
Die Auflösung der Zusammengehörigkeit
Zusammengehörigkeit (Wir-Gefühl) ist das tragende Prinzip von Gruppen. Ein Kreis von Personen steht in einem besonderen Verhältnis zueinander. Wenn man Systeme, die durch Zusammengehörigkeit gekennzeichnet sind, wieder lösen möchte, ist es notwendig zu wissen, was das ist, was da aufgelöst wird, Bescheid zu wissen, was alles bereits „gelaufen“ ist. Dazu zählen Aspekte wie Dauer, Regelmäßigkeit und Interaktionen. Vor diesem Hintergrund werden Trennungen überhaupt erst zum Problem. Dadurch lässt sich auch die Reichweite des beabsichtigten Handelns abschätzen. Die Kraft der Beziehung zeigt ihre größte Wirkung oft erst im Bruch.
Anfangs- und Schlusssituationen in Gruppen, dasselbe gilt auch für Beratungen, haben nicht nur vom Zeitaspekt her eine Schlüsselposition, ihnen fallen auch ganz besondere dynamische und existentielle Aufgaben zu. Analogien zu Geburt und Tod sind durchaus gegeben und lassen sich symbolisch anhand dieser Schwellenerfahrungen umsetzen.
Reaktionen in Gruppen zum Abschluss passen dementsprechend auch zu den Trauerphasen wie Verleugnen, Vermeiden, Ignorieren, Wut und Zorn und Akzeptanz.
Kollektive Abwehrmechanismen sind z.B.:
- Verleugnung der Realität („Wir wollen niemals auseinandergehen“)
- Harmonie („Und sie lebten glücklich bis an ihr Ende“)
- Flucht in die Aktivität („Schlussverkaufsstimmung“) – Hektik, Geschäftigkeit
Jeder von uns hat verschiedenste Gruppenerfahrungen und kennt bestimmte Phänomene die gerade zum Abschluss häufig auftreten – so ist z.B. eine gewisse Unruhe, ein Konzentrationsmangel spürbar, die Unpünktlichkeit von Teilnehmenden nimmt zu, jemand muss früher gehen, usw.
Rituale helfen dabei, einem Anlass Bedeutung zu geben.
Ein Ritual dient größtenteils dem Zweck, ein besonderes Ereignis hervorzuheben. Es kennzeichnet eine Situation, die nicht alltäglich ist, und die eine Pause in unserer Routine verdient, um sie zu verdauen und uns auf Veränderung einzustellen.
Ein Abschiedsritual durchzuführen kann heilend sein. Sich selbst zu erlauben, dem Verlust ins Gesicht zu blicken, ist das erste Anzeichen von Akzeptanz. Ein Abschiedsritual ist ein Übergangsritual, mit dessen Hilfe der Betroffene einen bestimmten Zustand hinter sich lässt und einen neuen Zustand realisiert.
- Wie bereite ich mich auf einen Abschied vor?
- Welche Reaktionen auf Abschiedsmomente sind mir bekannt?
- Gibt es von mir bevorzugte Strategien der Abschiedsbewältigung?
Time to say goodbye…
Sich zu verabschieden heißt auch, eine neue Perspektive auf die Vergangenheit und die Zukunft anzunehmen.
Rituale bedürfen bestimmter Symbole und Ebenen.
Unseren Lehrgangsabschluss haben wir diesbezüglich sehr abwechslungsreich gestaltet. Wir starteten den Abschlussabend mit einem gemeinsamen Drumcircle in dem sich feurige Trommelrhythmen und stimmungsvolle Lieder verbanden.
Am nächsten Tag gestalteten 4 Kleingruppen 4 unglaublich kreativ vielseitige Lehrgangsrückblicke in Form einer Revue, die äußerst erfolgreich und humorvoll präsentiert wurden.
Es gab zudem Würdigungen, z.B. unserer Serviceteams und es gab Abschlussworte, Abschlussgeschenke und Abschlussgrüße, die eine oder andere Abschlussträne, ein gemeinsames Abschlussfoto und selbstverständlich die feierliche Diplomverleihung!
Ein wunderbares Ende einer Lehrgangsgruppe, das auch Raum bot für Ausblicke in die individuelle Zukunft. Oder wie es Karl Valentin sagen würde:
„Wer am Ende ist, kann von vorn anfangen, denn das Ende ist der Anfang von der anderen Seite“.
Der nächste Aufbaulehrgang startet im September 2024. Derzeit sind noch ein paar Plätze frei.
Hier die Termine und Details dazu im Flyer!
Nähere Informationen zum Aufbaulehrgang psychosoziale Beratung!
r.schneidhofer@agb-seminare.at
d.schuster@agb-seminare.at
Literatur:
Antons, Klaus (2000). Praxis der Gruppendynamik. 8. Auflage, Göttingen: Hogrefe.
Geissler, K. (1993). Anfangssituationen. 5. Auflage, Weinheim/Basel: Beltz.
Geissler, K. (2000). Schlusssituationen. 3. Auflage, Weinheim/Basel: Beltz.
Renolder, Eva (1996). Organos, Kolleg für systemische Bildung und Beratung: Linz.